Wie bringt man Kinder zum Lügen?

(Lesedauer ca. 2 Minuten)

Diese Frage stelle ich gerne, wenn Klagen aufkommen, dass man von Partnern belogen und betrogen wurde. Es geht um die Auswirkungen des eigenen Kontrollverhaltens. 

Es ist nicht schwer, Kindern das Lügen beizubringen

„Also, wie bringt man Kinder zum Lügen?“ Jeder muss über die Frage erst einmal schmunzeln. Wenn überhaupt (Sie können das einmal googeln!) wird nur darüber nachgedacht, was man dagegen tun kann, wenn Kinder lügen: „Wie bringe ich meinem Kind bei, nicht zu lügen?“

Und dann wird allen rasch klar: es ist nicht schwer, Kindern das Lügen beizubringen!

Die häufigsten Antworten sind: Man muss sie kontrollieren, man muss sehr streng sein, man darf ihnen kein Vertrauen entgegen bringen, man muss sie strafen und beschimpfen.

Das alles sind perfekte Lösungen für die Aufgabe, aus Kindern Lügner zu machen. Und was wären Menschen ohne diese Kulturtechnik. Nicht lügen können – oh, nicht auszudenken, wie man da der Welt zurecht kommen kann! Aber die Kinder sollen doch nicht uns anlügen!

Auch Partnern kann man das Lügen und Betrügen beibringen

Diese Methoden funktionieren auch gut in Partnerschaften: Wenn ich den Partner kontrolliere, ihn abstrafe, seine Freiheit einschränke, ihn abwerte für Fehler und (von mir) unerwünschtes Verhalten, dann wird er wohl bald das Lügen beginnen. Oder zumindest nicht mit der Wahrheit herausrücken. Dann werden Nachrichten gelöscht, Alibis erfunden, Halbwahrheiten verbreitet – und das Vertrauen leidet. Über kurz oder lang wird auch die Partnerschaft bröseln.

Kontrolle führt zu Betrug

So betrachtet wird den meisten rasch klar, dass Lügen etwas mit Kontrolle zu tun hat. Allen, mit denen ich darüber sprach, fanden bei sich die Kontrolletti-Seite, einen Hang zum Kontrollieren. Sie dachten zumindest darüber nach, was sie selbst ändern könnten, damit der Partner wahrhaftiger sein kann.

Ich bin davon überzeugt, dass man miteinander und auch mit Kindern so umgehen kann, dass Lügen und Betrügen nicht benötigt wird. Nicht-strafende Kommunikation, kein Druck, keine Kontrolle, stattdessen Vertrauen – das sind für mich die entscheidenen Beiträge zu einer wahrhaftigen Kommunikation. Alles was Angst hervorruft wird auch das Ausweichen bedingen. Wenn also ein Kind lügt, weiß man schon, dass es Angst hat. Bei einer Beziehung zu Kindern, die auf angstfreiem Umgang beruht – warum sollte da ein Kind zu Lügen greifen? Wenn die Eltern für Erziehung einstehen statt für Beziehung, bahnen sie meines Erachtens einen unwahrhaftigen Umgang miteinander. Wenn ein Partner lügt, hat er vermutlich auch Angst. Und wenn einer lügt, weist das stark darauf hin, dass auch der andere Angst hat – und deswegen zu Kontrolle als Sicherungsmaßnahme greift.

Bei Angst und Unsicherheit – lieber vertrauen oder lieber kontrollieren?

„Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser“: ein beliebtes Motto unter Partnern, könnte man meinen. (Lenin hatte damals damit gemeint, dass die Arbeiter einer Fabrik nicht einfach den Worten des Fabrikbesitzers vertrauen sollten, sondern durchaus die Aktionen und Bücher auch kontrollieren müssten – um nicht übers Ohr gehauen zu werden.) Kontrolle soll Unsicherheit vermeiden helfen. Zahlreiche Angstpatienten lehrten mich, dass das so aber nicht funktioniert. Je mehr Kontrolle – desto mehr Angst: so funktioniert der Teufelskreis, den ich hier schon geschrieben habe. Daher plädiere ich für Vertrauen als Möglichkeit, Angst zu bewältigen. Vertrauen in sich und in die Welt.